69. Hochzeitstag



Vier Jahre sind nun schon wieder vergangen, als wir damals die "Eiserne Hochzeit" feierten.

Was sagt man man zu 69 Ehejahren? Fast unfassbar für mich sooo viele Jahre mit ein und demselben Menschen Bett und Tisch zu teilen. Meine Eltern waren selten von einander getrennt, bei den wenigen Krankenhausaufenthalten der beiden und nur einmal - so kann ich mich erinnern - als die Mutter meiner Mutter (also meine Oma) am Sterben lag, da durfte meine Mutter zu ihr. Ja, durfte, damals war das so! Mein Vater wollte seine Frau immer um sich haben. Nicht nur, dass er eifersüchtig war, er wollte auch stets betreut und umsorgt werden von meiner Mutter.

Bei uns "jungen Leuten" fast unvorstellbar, dass man fast ununterbrochen zusammen ist. Für mich jedenfalls ist das etwas Außergewöhnliches. Aber vielleicht ist und war dies das "Geheimnis" für ein so langes Zusammenleben der beiden.

Nun wird also dem 69. Hochzeitstag gedacht! Meine Eltern sind nun 89 und 93 Jahre alt und sie werden diesen Tag noch in guter Gesundheit verbringen dürfen. Ich finde, sie sehen noch besser aus, als vor 4 Jahren!

69. Hochzeitstag
Ich nenne diesen Tag die "Champagner-Hochzeit" (siehe unten)



 
 
 

Die Ehe...


...und ein guter Wein haben vieles gemeinsam.
Sie reifen in drei Stufen.

Am Anfang hat man den zuckersüßen Traubensaft, voll des lieblichen Obermutes, der aber nicht lange haltbar ist. Das sind die Flitterwochen und die Zeit des gegenseitigen „Sich-Auffressen-Wollens“

Dann kommt die zweite Stufe: die Gährungszeit, der Sturm, die Aufwühlung. Ein ganz betäubender wuchtiger und heikler Naturprozess, bei dem die Gefahr besteht, dass ein falscher Pilz sich einschleicht und der edle Saft zu saurem Essig wird. Wenn dieser Prozess gut und natürlich abläuft, dann ist alles gewonnen - beim Wein und auch in der Ehe. Es ist die Zeit der Ernüchterung. Bekanntlich heiraten anfangs immer zwei Engel, erst in der Ehe, in der engsten Gemeinschaft, lernt man sich richtig kennen. Beide stellen fest, wie unvollkommen und fehlerhaft sie sind.

Hier zeigt sich die wirkliche Liebe, die in die dritte Reifestufe führt: die Klärung. Da setzt sich beim Wein alles, was ihn trüb macht, tief am Grunde des Fasses ab und der Wein wird kristallklar und haltbar -für ewige Zeiten.

Ja man sagt, je älter ein guter Wein ist, um so besser und reiner ist er auch. Den gleichen Prozess macht eine gute Ehe durch.

Alles künstlich Gepanschte verdirbt nach kurzer Zeit im Weinkeller, ebenso wie im Eheleben.

Ich habe zwar noch nicht gehört, dass es einen 69-jährigen Wein gibt, aber den Vergleich finde ich sehr passend.

Es ist wirklich etwas ganz Besonderes, dass meine Eltern so lange zusammen sind, es ist ein Geschenk Gottes, aber natürlich haben beide das meiste selbst dazu beigetragen. Dass sie Ihren gemeinsamen  Lebensweg so lange mit einander gemeistert haben, war nicht immer leicht - in guten, wie in schlechten Zeiten, aber sie haben das geschafft!

Für den 69. Hochzeitstag gibt es leider keine Bezeichnung. Ich nenne diesen Ehrentag

 „Champagner-Hochzeit“

aus dem Grunde, da meine Eltern sich  bei Ihrer Hochzeit im Jahre 1937  sicher keinen Champagner hätten leisten können und heute, wo es den beiden ohne weiteres möglich wäre, sicher keinen kaufen würden. Denn meine Mutter  würde höchstwahrscheinlich sagen, dass Champagner genauso schmeckt wie normaler Sekt und es käme sofort der obligatorische Satz „das brauch´ ma ned!“ und mein Vater wäre viel zu knauserig für eine Flasche Champagner eventuell 120,00 Euro und mehr auszugeben. In dieses ganz normale Denken sind beide durch die vielen Entbehrungen und das Sparen in vielen harten Zeiten einfach hineingewachsen  –  so ist das nun mal!

So kam mir eines nachts die Idee, den 69. Hochzeitstag als „Champagner-Hochzeit“ zu bezeichnen.

Einen wirklich schönen Tag wünscht die Tochter und ihr Partner, wir  halten uns zwar an diesem Tag  an der Ostsee auf, aber wir werden intensiv an die beiden denken, sie hochleben lassen und anrufen. Den 70. Hochzeitstag wollen wir dann so einplanen, dass wir ihn wieder gemeinsam verbringen können.

Es sei  zu wünschen, dass meine Eltern weiterhin noch lange geistig und körperlich viele schöne Stunden miteinander verbringen können - im Kreise der Familie, der Freunde und den vielen Bekannten.

Alles, alles Gute wünscht auf diesem Wege die Tochter.


Anno 30. Oktober 2006