Die Tragödie einer Nebelkrähe

Meine Beobachtungen
von meinem Balkon aus



Bereits gestern am späten Nachmittag sind wir alle (einschließlich meiner beiden Katzen) aufgeschreckt über ein lautes Gezeter, Geschrei und Getöse von vielen, vielen Krähen; es waren bestimmt mehr als 20 Vögel. Die Rufe und das Gekreische waren so laut, dass man einfach nachsehen musste, was da gerade passiert.

Wir entdeckten auf dem Dach von visavis einen großen Vogel (es stellte sich nachher heraus, dass es ein großer Bussard war), der von sehr vielen Nebelkrähen kreischend und lautstark attackiert wurde.

Eigentlich dachte ich zuerst, dass der Bussard in Gefahr sei, denn aus dem Tierpark in München hatte ich kürzlich erfahren, dass bei einer Flugshow mit einem Seeadler viele Vögel diesen Adler gemeinsam attackiert hatten, weil dieser in die Gegend von deren Revier geflogen war. Der Falkner hatte Schwierigkeiten den Seeadler wieder zurückzuholen und erst nach vielen Pfiffen mit seiner Pfeiffe kam der Seeadler auf den Arm des Tierpflegers zurückgeflogen, der dann die Vorführung abgebrochen hatte, zugunsten beider Vogelarten.

Aufgrund dieser Erinnerung dachte ich, dass der riesige Bussard in Gefahr sei. Ich klatschte mächtig in die Hände, störte dadurch alle Vögel und die Nebelkrähen schreckten auf, so dass der Bussard Gelegenheit hatte, wegzufliegen. Die Krähen verfolgten ihn lautstark und schreiend, bis dann irgendwann Ruhe eintrat.

Wir waren so schockiert, dass ich einfach vergass das alles fototechnisch festzuhalten. Später entdeckte ich eine verletzte Nebelkräge in der Dachrinne. Also hatte der Bussard die Nebelkrähe *geschlagen* und wollte sie verschleppen, wobei er aber durch die Attacke der vielen Nebelkrähen gestört wurde. Leider hatte ich kein Fernglas in der Nähe, mein Augenlicht ist auch nicht mehr das was es einmal war und so holte ich meine Kamera herbei und zog per Tele die Krähe soweit es ging heran. Da entdeckte ich, dass sie blutete, also verletzt war, aber sie bewegte sich noch. Dadurch sah ich auch, dass sie im hinteren Teil blutete und ihr Fuß irgendwie verkrümmt erschien. Aber sie humpelte stets und ständig nach oben, versuchte auf den Giebel des Daches zu kommen, was sie auch nach einigen Anstrengungen schaffte.


Die arme Krähe ist verletzt,
sie blutet!

Sie hüpfte nach oben, vielleicht
schafft sie es?



Es scheint, als wäre ihr Fuß gebrochen?

Sie versuchte immer weiter nach oben zu hüpfen.




Ich beobachtete die ganze Sache und dachte so bei mir, wenn die Krähe oben auf dem Dachgiebel angekommen ist, könnte sie vielleicht "abheben". Aber ich konnte es nicht mehr abwarten, denn es wurde dunkel.

Gleich heute Morgen war mein erster Gang auf den Balkon und schaute visavis nach der Nebelkrähe. Und siehe da, sie war noch da!!! Sie hat überlebt!!! Aber was muss sie durchgestanden haben! Nun war mir eigentlich klar, dass sie nicht mehr fliegen kann und schwer verletzt ist.

Auf alle Fälle brauchte sie Hilfe!

Und es fiel mir nichts anderes ein, als die Feuerwehr anzurufen. Ich wollte mich erst einmal erkundigen, ob eine Rettung ihrerseits möglich ist und wenn ja, was das kostet. Der Herr am Telefon war sehr nett, erkundigte sich nach dem Befinden des Vogels, ob er auch noch leben würde, ob er wegfliegen würde, wenn sie ankommen würden usw. usw.... Der Mann versprach, dass ein Einsatzwagen kommen würde.

Es dauerte nicht lange, dann war die Feuerwehr schon da. Große Aufregung in der ganzen Straße - und das an einem Feiertag! Es waren zwei Mann auf dem Wagen und sie hatten Mühe in die enge Straße zu fahren, aber das waren *Künstler*. Die Rettung nahte, die Leiter wurde nach oben gefahren und der verletzte Vogel blieb auf dieser Stelle sitzen, wo er zuletzt war. Gottseidank, dachte ich so bei mir, nicht dass die Krähe auf die Idee kommt, um kurz vor ihrer Festnahme reissaus zu nehmen. Vielleicht hat sie auch gemerkt, dass Hilfe naht, vielleicht war sie auch schon sehr geschwächt, ich weiß es nicht! Auf jeden Fall, konnte die Nebenkrähe (vorerst) gerettet werden.


Die Krähe kann sich immer noch an der
Schräge festhalten, diese Kräfte besitzt sie noch.

Die Rettung ist da!
Endlich kann ihr geholfen werden.



Das war ein Aufsehen:
Viele neugierige Blicke!

Hoffentlich bleibt sie an dieser Stelle,
war nur mein Gedanke!



Der Korb wird ganz nah an die Krähe herangefahren.

Ich durfte noch in den Karton schauen.




Das verletzte Tier wurde in einen großen Papkarton vorsichtig gelegt und anschließend gleich in eine bekannte Tierklinik in Berlin gefahren. Ich bin zwar wenig zuversichtlich, dass die Krähe wieder gesund verarztet werden kann, aber zumindest wird ihr geholfen, so oder so und sie ist nicht einem langsamen Tod durch Verhungern oder Attacken von anderen Tieren ausgesetzt. Mehr konnte ich nicht für das arme Tier tun.

Der Feuerwehrmann schrieb sogar netterweise meine Telefonnummer auf und meinte, er würde in der Tierklinik Bescheid geben, dass ich eine Nachricht bekommen möchte, was immer mit dem Vogel passiert. Leider ist das bis dato noch nicht geschehen. Ich versuchte selbst in der Klinik anzurufen, da jedoch heute ein Feiertag ist (Pfingstsonntag), sind dort die Telefone nicht besetzt. Erst nach den Feiertagen kann ich mich erkundigen.

Ich werde berichten!

Vielen, vielen Dank an dieser Stelle für die netten Männer der Feuerwehr und ihrer Rettungsaktion, nach Pfingsten werde ich in der Klinik anrufen.



Einen Tag nach Pfingsten hat mich ein Arzt aus der Tierklinik angerufen und mir mitgeteilt, dass an diesem Sonntag zwei Krähen eingeliefert wurden, einmal eine ganz junge Krähe, sie wurde aufgepäppelt und wird überleben und später in die Freiheit entlassen - und eine ältere Krähe, die sehr schwer am hinteren Teil des Körpers verletzt war und außerdem eine Gelenksfraktur hatte - .... sie musste erlöst werden.

Letztere Krähe, das war "meine Nebelkrähe" !! Eine traurige Nachricht zwar, aber immerhin musste der Vogel nicht leiden, er hätte noch einige Zeit, wenn nicht Tage, überlebt, hätte Schmerzen erleiden müssen und wäre letztendlich elendlich verhungert.

Schade, ich hätte mir ein positiveres Ergebnis gewünscht!