Eintrag vom 15. Juni 2001:

Hier die Geschichte von "meinen" Buntspechten, die mich am Schlafzimmerfenster besuchten. Klingt recht unwahr, aber an den Fotos und dem kurzen Videoclip könnt` Ihr sehen, dass es stimmt!


Das ganze fing ganz harmlos an: Wir hatten einen Frühstücksteller auf dem Nachttisch und da kamen einige Meisen angeflogen und inspizierten das Essen, frech und ungeniert hielten sie sich im Zimmer auf. Ich weiß, dass man zu dieser Jahreszeit nicht die Vögel füttern soll, ich habe nur ein paar Kerne zerkleinert und hingelegt, um zu sehen, was passiert. Na, das hat sich beim Vogelvolk gleich herumgesprochen. Und so war ab und zu auf meiner Einkaufsliste auch gemahlene Hasel- oder Walnüsse, die ich als kleine Leckerei den Vögeln am Schlafzimmerfenster hinlegte.

Und eines Tages: Aufruhr und Entsetzen bei dem anderen "Kleingefieder". Ein Buntspecht, ca. 23 cm groß, kam angeflogen, "hackte" mit seinem langen Schnabel, den Kopf ganz schräg gestellt, die gemahlenen Haselnüsse weg.

Ich bewegte mich nicht, um ihn nicht zu erschrecken - ich glaubte, er würde nur einmal an mein Fenster kommen. Er war sehr scheu und ist anfangs bei der kleinsten Bewegung sofort weggeflogen.

Das änderte sich jedoch bald: Der Buntspecht kam nun öfter und ich fing an, mich für ihn näher zu interessieren, d.h. ich habe in Büchern und im Internet einiges über ihn nachgelesen. So habe ich erfahren, dass ein Buntspecht-Männchen an mein Fenster kam, denn dieser Specht hatte eine rotes Nackenband.

Zur Information:
Der Großteil des Gefieders am Rückenbereich eines Buntspechtes ist schwarz, jedoch mit weißen Schulterflecken, weiß auch an den Halsseiten, am seitlichen Kopf und an den äußeren Schwanzfedern. Die rote Unterschwanzdecke ist scharf abgesetzt gegen die schmutzigweiße Unterseite. Männchen, Weibchen und Jungvögel haben einen schwarzen Oberkopf, nur das Männchen hat einen roten Nackenstreifen und die Jungvögel haben in beiden Geschlechtern einen roten Fleck/Scheitel am Kopf. Die rote Schwanzdecke ist bei den Jungen noch nicht so kräftig rot gefärbt.

Beim Verlassen der Wohnung musste ich die Tür zum Wohnzimmer schließen, damit während meiner Abwesenheit nicht die übrigen Räume von den anderen Vögeln aufgesucht wurden. Denn die Meisen fühlten sich nämlich recht wohl und erkundeten des öfteren meine Wohnung. Sie setzten sich auch auf den Lampenschirm, aufs Bett, auf eine Zeitung, die man gerade las - sie gehörten schon "zur Familie". Später wurden die Meisen immer zutraulicher und sie kamen sogar auf die Hand.


Und eines Tages entdeckte ich auch zwei Buntspechte - mitten im Zimmer - auf dem Fußboden. Aber wieso auf einmal zwei? War es ein Pärchen? Ich konnte das so schnell nicht erkennen, denn die waren sofort verschwunden, nachdem ich das Zimmer betrat.

Jetzt wurde ich neugierig und ging auf Beobachtungsposten und siehe da: Es waren insgesamt drei Buntspechte - Männchen, Weibchen und ein Junges. Das aufgeplusterte Buntspecht-Kind war jedoch schon fast so groß wie die Eltern, wurde an mein Fenster mitgebracht und vor meinen Augen gefüttert. Das Junge hatte einen fast kreisrunden roten Fleck auf dem Kopf. Ich verglich es mit einer Punk-Frisur, rot eingefärbt. Meist fütterte der Vater, die Mutter sah man selten. Ich ging auch davon aus, dass aus der Brut nur ein Junges überlebt hatte, sonst wären sicher mehrere Junge "vorgeführt" worden.


Aus weiter Entfernung konnte ich das Rufen ("Keck-keck-keck") vom Specht schon hören. Es schien, als würde er dadurch sein Nähern ankündigen wollen - mir, dem Menschen, und auch den kleinen Vögeln, denn diese suchten daraufhin das Weite, machten Platz für den Buntspecht. Man konnte sehr gut die Rangordnung erkennen: Zuerst hatte der Eichelhäher die "Macht", der sich eher selten näherte, dann übernahmen die Buntspechte das Revier und zum Schluß kammen die Spatzen und Meisen zurück.

Über meinen neuen "Vogel-Besuch" freute ich mich sehr, die Buntspechte zu beobachten machte richtig Spaß!


Ich hatte mich einmal unter meiner Bettdecke versteckt, eingemummelt und verschanzt, so dass mich die Buntspechte nicht sehen konnten. Ich saß gut 45 bis 50 Minuten auf der Lauer, bis ich einige Fotos schießen konnte. Leider war das Resultat der Fotos nicht nach meinen Vorstellungen.

Mit der Videokamera ging das wesentlich einfacher. Die Buntspechte glaubten allein zu sein und fühlten sich unbeobachtet.

Da kam ich auf eine viel bessere Idee: Ich schloss meine analoge Videocamera an meine Grafik-Karte an und holte mir aus dem Internet eine Software zum Überspielen des Films in den Rechner. Die Bilder und der Videoclip auf dieser Seite sind das Ergebnis.

Beim Anklicken des Bildes links wird ein kleiner Filmclip abgespielt,
der das Specht-Männchen mit dem
Nachwuchs bei der Fütterung zeigt.

Zur Info:
Die hektische Fütterung ist tatsächlich so und nicht eine "Zeitraffung".


Nachtrag 8. Juli 2001:

Ende Juni war die Fütterungsphase beendet. Die Buntspechte kamen eine ganze Zeit nicht mehr wieder - "ein undankbares Volk (!)", wie ich meinte. Doch bald darauf kamen sie doch noch ab und zu (meist früh morgens), angeflogen und statteten mir einen Kurzbesuch ab! Das Junge hatte sich zu einem prächtigen Buntspecht-Männchen "herausgemausert" und ist zu einem selbständigen Vogel herangewachsen. Ein kleiner roter Nackenfleck und noch ein paar flauschige Federn zeigten mir, dass das eine Männchen der Nachwuchs war. Ihr Zuhause schien der nahegelegene Park zu sein, in den die Buntspecht-Familie zurückflog.

Für dieses Jahr scheint die Geschichte und das Kapitel "Buntspechte" abgeschlossen zu sein!?!